Virtuell statt persönlich: Rechtsanwalt Alexander Foerster beschreibt seine Erfahrungen zur Konfliktlösung mittels Videokonferenz. Diese sind unter dem Titel „Das COVID-19-infizierte Schiedsverfahren“ in der aktuellen Ausgabe des Online-Magazins DisputeResolution nachzulesen.
Um die Ausbreitung des neuartigen Coronaviruses einzudämmen, erlassen Länder weltweit Ausgangseinschränkungen, Quarantänen und auch die Pflicht, in bestimmten Situationen Gesichtsmasken zu tragen. Für laufende Konfliktlösungsverfahren bedeutet dies, dass die jeweiligen Parteien, vor allem bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten, weder zu mündlichen Schieds- oder Gerichtsverhandlungen noch zu Mediationen oder Schlichtungen zusammenkommen können. Betroffen sind Anwälte, Zeugen und Richter – oder auch Mediatoren und Mediatorinnen und ihre Klienten.
Alle Beteiligten müssen sich in bereits laufenden Verfahren mit alternativen Kommunikationstechniken beschäftigen. Hier setzt der Beitrag „Das COVID-19-infizierte Schiedsverfahren“ an. Alexander Foerster richtet den Fokus auf die digitale Kommunikation am Beispiel des Schiedsverfahrens. (Foto: Stay at Home/ Pixabay)
Welche Handlungsspielräume hat das Schiedsgericht auf den Verfahrensablauf?
Das Schiedsverfahrensrecht lässt dem Schiedsgericht Spielräume in der Verfahrensdurchführung, sofern die jeweiligen Parteien keine gemeinsamen Vorgaben machen. „Das bedeutet auch, dass ein Schiedsgericht mit dem Rückgriff auf digitale Hilfsmittel viel leichter auf die Vermeidung physischer Kontakte und Reiserestriktionen für Teilnehmer an mündlichen Verhandlungen reagieren kann“, stellt Foerster seinem Beitrag im Online-Magazin DisputeResolution voran. Sollten Ausgangseinschränkungen und Quarantänen die Anwesenheit am Verhandlungsort unmöglich machen, könne dies durch eine „gute Videokonferenz“ kompensiert werden.
Was macht eine gute Videokonferenz aus?
Zeugenbefragung: Wie Foerster beschreibt, leide vor allem die Befragung der Zeugen unter der Kommunikation über digitale Kanäle. Sein Praxistipp: „Der Zeuge sollte unbehindert antworten können und nicht von für das Schiedsgericht nicht erkennbaren Personen beeinflusst werden. Die Nutzung einer Videokonferenzanlage an einem neutralen Ort ist vorzuziehen.“
Sachverständige und deren Beurteilungen: Bei vielen Schiedsverfahren werden Sachverständige hinzugezogen. Um Abweichungen in deren Beurteilungen festzustellen, verfügt das Schiedsgericht in der Regel, dass die Sachverständigen gleichzeitig anwesend sein müssen. Der Praxistipp: Mit mehreren Bildschirmen zur Übertragung der Sachverständigenaussagen lässt sich dieses Problem lösen. „Ein gesonderter Bildschirm sollte für Präsentationen sowie technische Zeichnungen und Bilder freigehalten werden. Entscheidend ist, dass jederzeit alle Beteiligten, also die Parteivertreter und das Schiedsgericht, eingeschaltet sind.“
Speicherung der Videoaufnahmen: Um das Beratungsgeheimnis zu wahren, muss sichergestellt sein, dass die digitale Kommunikation verschlüsselt abläuft. Der Praxistipp: Man sollte bei dem Provider sowohl die Datensicherheit als auch Speicherdauer der Videokonferenzen abfragen. Falls es von den Beteiligten gewünscht wird, sollte man eine Kopie der Aufnahme abrufen können – und dafür eine Aufzeichnung vorher zur Sicherheit anmelden.
So lässt sich generell sicherstellen, dass man später wichtige Informationen anhand des Videomaterials noch einmal vertiefen kann.
Alexander Foerster führt in seinem Dispute-Resolution-Beitrag unter anderen „Skype for Business“ als eine Möglichkeit für Videokonferenzen an. Als dessen offizieller Nachfolger für professionelle Onlinebesprechungen hat sich mittlerweile „Microsoft® Teams“ vorgestellt.
Ein anderer Punkt, der vielen Deutschen und Europäern wichtig ist, ist eine Datenspeicherung in lokalen Rechenzentren. Aus diesem Grund eröffnete Microsoft neue Rechenzentren in Europa – mit der Zusicherung, die Datenbestände in Einklang mit deutschem und europäischem Recht zu schützen.
Aus der Konfliktlösung auf Distanz, die das Coronavirus in diesen Zeiten zwingend auferlegt, zieht der Rechtsanwalt Alexander Foerster folgendes Fazit: „Es könnte sein, dass durch den nun erzwungenen Einsatz neuer oder erweiterter digitaler Hilfsmittel auch für die Post-Corona-Verfahren die Effektivität und Effizienz von Schiedsverfahren gesteigert wird.“
Diese Aussage gilt sicherlich auch für die zahlreichen anderen Konfliktlösungsverfahren, wie Mediation oder Schlichtung.
Zur Person Alexander Foerster:
Alexander Foerster ist Mitglied der Mannheimer Swartling Praxisgruppe für Streitbeilegung, deren Hauptsitz in Stockholm angesiedelt ist. Als schwedischer Advokat und zugleich deutscher Rechtsanwalt vertritt er in grenzüberschreitenden Streitigkeiten Mandanten in nationalen und internationalen Schiedsverfahren. Mannheimer Swartling ist weltweit tätig und bietet einen „Full-Service“ in allen Bereichen des Wirtschaftsrechts.
Alexander Foerster wurde 2015 vom Chambers & Partners Global Guide als ausländischer Experte für Schweden anerkannt. Der Experte für internationale Schiedsgerichtsbarkeit unterrichtet regelmäßig an den Universitäten Frankfurt und Stockholm. (Quelle: Mannheimer Swartling)
Online-Magazin DisputeResolution
DisputeResolution ist eine Gemeinschaftspublikation von Frankfurt Business Media GmbH – Der F.A.Z.-Fachverlag und dem juristischen Fachverlag German Law Publishers. Sie ist Teil der Produktfamilie Deutscher AnwaltSpiegel. Kostenfreies Abonnieren: Newsletter DisputeResolution unter https://www.disputeresolution-magazin.de.
Quelle: DisputeResolution, Ausgabe 1-2020 vom 11. März 2020.
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