Menschen widersetzen sich Veränderungen, weil sie am liberalen Status Quo festhalten möchten. Die Covid-19-Pandemie macht viele Einschränkungen auf persönlicher Ebene erforderlich. Laut Harvard Law School und Berichterstatterin Katie Shonk helfen „Modelle für Veränderung“, die Coronakrise und ihre Konflikte besser zu akzeptieren.
Negotiation principles and change models may be able to help parties not just navigate the changes required by the crisis, but set the stage for a recovery that will leave us stronger, betonen die Professorin Kimberlyn Leary (Harvard Medical School) und Professor Joel Cutcher-Gershenfeld (Brandeis University) in einer Online-Diskussion, die im Rahmen des “Programs on Negotiation” der Harvard Law School in Cambridge (Boston, Massachusetts) stattfand.
(Foto: Cambridge, Massachusetts, cplesley)
Verhandlungsprinzipien helfen, die aufgrund der Coronakrise geforderten Veränderungen zu bewältigen und darüber hinaus die Voraussetzungen für ein gestärktes gesellschaftliches Miteinander zu legen, so der Tenor der beiden Wissenschaftler.
„Harvard Law“ ist eine der renommiertesten Law Schools der Welt. Bekannter Alumnus ist Barack Obama, ehemaliger US-Präsident.
Zeit des verhandelten Wandels
- Länderregierungen verordnen Verhaltensregeln, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Während die meisten Menschen die Veränderungen akzeptieren, protestieren einige dagegen.
- Sogenannte „Fab Labs“ und digitale Fertigungslabors, die vorher nie Medizingüter hergestellt haben, tragen weltweit zur Produktion von Schutzausrüstung und Beatmungsgeräten bei.
- Der freie Austausch wissenschaftlicher Daten soll die Erforschung von Therapien erleichtern. Forscher und andere Data Gatekeeper ermöglichen den weltweiten Zugang zu Daten und Modellen.
- Die Menschen leben weltweit in einer Zeit des verhandelten Wandels.
Prinzipien der Verhandlungstheorie
Gemäß Leary und Cutcher-Gershenfeld können folgende Verhandlungsprinzipien hilfreich sein:
Fokus auf Interessen: Verhandlungen, die tiefere Interessen jenseits der erklärten Positionen untersuchen, helfen den Parteien, gemeinsam Kompromisse zu identifizieren (Mediation).
Antizipationen ansprechen: Unter den derzeitigen Bedingungen sind viele anfällig für Vorurteile und kognitive Fehler. Voreingenommenheit kann davon abhalten, Gesichtsmasken oder Impfstoffe gerecht aufzuteilen.
Vereinbarungen zwischen Parteien: Für jede Einigung wird häufig eine Vielzahl anderer Vereinbarungen notwendig. Krisen erfordern Zeit für multilaterale Verhandlungen.
Modelle für Change Management
Top-Down Change: Im Top-Down-Modell beschreibt Prof. Kotter (Harvard Business School) eine Person in ihrer Autoritätsrolle, die Veränderungen vorantreibt, indem sie Menschen in eine gemeinsame Vision einbezieht und so befähigt, Veränderungen zu verbreiten. Kotters Modell hat das Ziel, vom aktuellen Stand in einen gewünschten Endzustand überzugehen. Für die Coronakrise bedeutet Top-Down, dass die politische Führung bestimmte Verhaltensregeln oder die Medikamentenversorgung vorantreiben muss – unabhängig davon, dass sich einige noch in der Schockphase befinden. Auch Wissenschaftler verlassen sich bei der offenen Nutzung ihrer Forschungsergebnisse auf Top-Down-Modelle. Führende Köpfe der Forschungseinrichtungen müssen verhandeln, wie geistiges Eigentum während und nach der Pandemie genutzt wird.
Bottom-Up Change: Das Modell, ähnlich dem Trauermodell von Kübler-Ross, beschreibt, dass Menschen einige Phasen durchlaufen, bevor sie Veränderungen akzeptieren. Auf den Schock folgt Verleugnung, dann das Bewusstsein, dass Veränderungen notwendig sind, und am Ende die Integration gewonnener Fähigkeiten in neue Vorgehensweisen.
Middle-Across Change: Hier bleiben die Parteien ihren jeweiligen Ansichten treu, verhandeln aber über gemeinsame Interessen. Middle-Across kann dazu beitragen, Stakeholder zusammenzubringen.
Der Online-Talk ist auf dem YouTube Kanal der Harvard Law School zugänglich.
Quelle: „Program on Negotiation“ Harvard Law School: Negotiating Change During the Covid-19 Pandemic.
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