Um die „Einsatzmöglichkeiten von Mediationen in Zeiten der COVID-19-Pandemie“ ging es in einer Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion. Die Fragesteller wollten von der Bundesregierung wissen, ob Unternehmer und Verbraucher unter den derzeitigen Pandemie-Bedingungen dazu tendierten, Mediationen und alternative Streitbeilegungsverfahren einem Gerichtsprozess vorzuziehen.
Die Stellungnahme der Bundesregierung (Drucksache 19/22390) liegt nun vor und wurde am 22. September 2020 in „heute im bundestag“ veröffentlicht – dazu folgende wichtige Aspekte und Zahlen.

Universalschlichtungsstelle verzeichnet Anstieg der Fallzahlen

Frage: Ist der Bundesregierung bekannt, ob aufgrund der Pandemie-Situation Unternehmer und Verbraucher derzeit vermehrt Alternative Streitbeilegungsverfahren gegenüber Gerichtsprozessen bevorzugen?

Bundesregierung: Bei der Universalschlichtungsstelle des Bundes ist seit Jahresbeginn ein deutlicher Anstieg der Fallzahlen zu verzeichnen. So wurde bei den Eingangszahlen bereits am 12. Juli 2020 der Gesamtvorjahreswert von 2.046 Anträgen der 2019 als Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle am Zentrum für Schlichtung e.V. tätigen Einrichtung erreicht. Bereits im August 2020 waren seit Jahresbeginn annähernd so viele Schlichtungsanträge (2.427 Anträge) eingegangen wie im Beleihungsvertrag für das gesamte Jahr 2020 (2.500 Anträge) prognostiziert. (…)
Wie sich der Mediationsbereich unter den Bedingungen der Pandemie entwickelt, wurde im Rahmen eines Online-Erfahrungsaustauschs am 25. Juni 2020 mit 48 Vertreterinnen und Vertretern von Mediationsverbänden, Mediationsausbildungseinrichtungen und Wissenschaftlern erörtert, den das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) organisiert hatte. Belastbare quantitative Aussagen konnten jedoch nicht getroffen werden. Im November 2020 soll der Online-Erfahrungsaustausch fortgesetzt werden. In diesem Rahmen soll auch die Entwicklung der Fallzahlen im Mediationsbereich erneut erörtert werden. (Foto: Bundestag/ Thomas Trutschel/ photothek.net)

Neue Schlichtungsstelle für Streitigkeiten bei Konzerten und Veranstaltungen

Frage: Welche Maßnahmen führt die Bundesregierung durch, um Streitigkeiten im privaten oder unternehmerischen Bereichen in Pandemie-Zeiten beizulegen?

Bundesregierung: Die Bundesregierung hat unter anderem darauf hingewirkt, dass bei Streitfällen im Zusammenhang mit der Rückabwicklung von Ticketkäufen für Musik-, Kultur-, Sport- oder sonstigen Freizeitveranstaltungen, die aufgrund der COVID-19-Pandemie abgesagt werden mussten, alternative Streitbeilegungsmethoden genutzt werden können. Der Vorschlag des BMJV (…) eine Schlichtungsstelle für Streitigkeiten zwischen Verbraucherinnen und Verbrauchern und Veranstaltern einzurichten, ist inzwischen vom Bundesverband der Konzert und Veranstaltungswirtschaft e.V. umgesetzt worden.

Größere Flexibilität kann Vorteil einer Mediation sein

Frage: Hat sich die Bundesregierung eine Meinung dazu gebildet, ob Mediationen in Pandemie-Zeiten Vorteile gegenüber Gerichtsverfahren bieten?

Bundesregierung: Welches Streitbeilegungsverfahren für die Lösung eines Konflikts im Vergleich zu einem anderen besser geeignet ist, lässt sich nicht generell feststellen, sondern hängt stets von dem konkreten Konflikt ab. (…) Vor diesem Hintergrund ist es selbstverständlich möglich, dass die im Vergleich zu einem Gerichtsverfahren größere Flexibilität und geringere Förmlichkeit einer Mediation (keine Ladungs- und Einlassungsfristen, keine Darlegungs- und Beweislast usw.) und die Möglichkeit der Durchführung via Internet oder Telefon als Vorteile angesehen werden können.

Fazit: Wie in „heute im bundestag Nr. 989“ weiter zu lesen ist, sei die Bundesregierung unabhängig von der COVID-19-Pandemie bestrebt, alternative Streitbeilegungsverfahren insgesamt zu fördern, und verzichte daher auf die Hervorhebung eines einzelnen Konfliktlösungsinstruments. Das gelte auch für die Mediation. Es bleibe der Einschätzung der Betroffenen vorbehalten, sich für eines der zahlreichen Streitbeilegungsverfahren zu entscheiden.

Quelle: hib – heute im bundestag Nr. 989, 22.09.2020/ Drucksache 19/22390