Bei der Universalschlichtungsstelle des Bundes sind von Januar bis Oktober 2020 insgesamt 3.060 Anträge eingegangen. Damit „übertrifft die derzeitige Auslastung der Universalschlichtungsstelle die prognostizierte Zahl der Fälle von 2.500 jährlich und ist daher als hoch zu bewerten“, teilte die Bundesregierung am 17. November 2020 („heute im bundestag“ Nr. 1249) mit.
Bereits im August war mit 2.427 Schlichtungsanträgen die Prognose für 2020 erreicht. Abgeordnete hatten deswegen bei der Bundesregierung in einer Kleinen Anfrage nach der Auslastung der Universalschlichtungsstelle in Zeiten von Corona nachgefragt.

Vorgeschriebene Bearbeitungsdauer wird noch eingehalten
Laut Universalschlichtungsstelle lasse sich das erhöhte Antragsvolumen durch zusätzliches Engagement noch bewältigen. Im Moment sei trotz der „hohen Auslastung die einzuhaltende Bearbeitungsdauer von 90 Tagen ab Eingang der vollständigen Beschwerdeakte ausnahmslos einzuhalten“.
Deswegen sieht auch die Bundesregierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt „keine Notwendigkeit, aufgrund der gestiegenen Anzahl der Anträge, Maßnahmen zu ergreifen“. Vor diesem Hintergrund gelte es, die weitere Entwicklung abzuwarten.
Die Universalschlichtungsstelle, die sich in der Trägerschaft des Bundes befindet, fungiert seit Jahresbeginn als neutrale Anlaufstelle, um Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmen außergerichtlich beizulegen.

Schlichtungsfälle aus der Praxis
Auf der Homepage der Universalschlichtungsstelle werden unter „Beispielhafte Sachverhalte“ ausgewählte Schlichtungsfälle in anonymisierter Darstellung vorgestellt.
„Der Ton macht die Musik“:
Bei diesem Fall musste ein Ehepaar nach dem Kauf eines gebrauchten Oberklasse-SUV (Kaufpreis 65.000 Euro) feststellen, dass die vereinbarte teure Sound-Anlage nicht eingebaut war, nur eine günstigere. Bei der Reklamation bot das Autohaus schließlich eine Ausgleichszahlung von 1.500 Euro an, was dem Ehepaar zu wenig erschien.
Vor der Verbraucherschlichtungsstelle stritten die Parteien daher um die Höhe der Wertminderung. Im Schlichtungsvorschlag wurde geprüft, ob ein Wertverlust für das Käuferpaar vorlag. Dazu wurden Fahrzeugmodelle, ausgehend von den Neupreisen mit den unterschiedlichen Sound-Anlagen, verglichen und ein Minderungsbetrag von 2.200 Euro ermittelt. Das Autohaus akzeptierte den Vorschlag aufgrund des plausiblen Berechnungsverfahrens.
„Der geplatzte Kragen“:
Herr A bestellte im Onlineshop von Frau B ein Herrenhemd für 49,95 Euro. Bei Online-Verträgen steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zu, von dem Herr A Gebrauch machte, weil das Hemd seine Erwartungen nicht erfüllte. Als Frau B vom Onlineshop die zurückgesandte Ware prüfte, stellte sie fest, dass die Hemdnaht an einer Stelle geweitet und Flecken zu sehen waren. Sie weigerte sich den Kaufpreis zurückzuerstatten.
Herr A reichte einen Schlichtungsantrag ein. Die Verbraucherschlichtungsstelle bewertete, dass wegen der überdehnten Naht das Hemd nicht mehr als neuwertig gelten könne und der Restwert durch die Reinigungskosten aufgebraucht würde. Frau B müsse den Kaufpreis somit nicht erstatten und Herr A könne dafür das Hemd zurückerhalten.

Die Universalschlichtungsstelle bekommt für die Durchführung der Verfahren eine Gebühr erstattet, die sich am Streitwert orientiert (§ 6 UniSchlichtV).

Quellen: hib – heute im bundestag Nr. 1249 vom 17. November 2020, Antwort der Bundesregierung Drucksache 19/24133; Universalschlichtungsstelle „Beispielhafte Sachverhalte“ mit ausgewählten Praxisfällen.