Die bekanntesten alternativen Streitbeilegungsverfahren sind Mediation und Schlichtung. Im Juli-Blog der Harvard Law School (Program on Negotiation, Cambridge, USA) regt Autorin Katherine Shonk die Diskussion an, einen hybriden Mediations-Schlichtungsansatz, kurz Med-Arb, stärker für Konfliktlösungen in Betracht zu ziehen.
Kurz vorab: Unterschied zwischen Mediation und Schlichtung?
Anstatt eine Lösung vorzugeben, arbeiten Mediatorinnen und Mediatoren daran, dass die Streitparteien selbst zu einem Konsens gelangen. Auf freiwilliger Basis wird eine möglichst nachhaltige Vereinbarung entwickelt.
Bei der Schlichtung hingegen hören sich Schlichterin oder Schlichter, die Argumente/ Beweise beider Seiten an und treffen am Ende eine Entscheidung. Sie bringen sich aktiv und verantwortlich in die Beilegung ein und ihr „Spruch“ ist für die Parteien bindend.
“Although mediation and arbitration are both effective ways of ending disputes, each can have drawbacks, depending on the situation”, schreibt Katie Shonk. Wenn es drohe, dass eine Mediation in einer Sackgasse ende, könne das hybride Med-Arb-Verfahren über die Schlichtung noch eine neue Chance eröffnen.
Wie wirkt Med-Arb?
Bei Med-Arb einigen sich die Streitparteien zuerst auf die Bedingungen des Prozesses selbst. In der Regel müssen sie schriftlich zustimmen, dass das Ergebnis verbindlich ist – anders als bei den meisten Mediationen.
Im nächsten Schritt wird dann versucht, über das Mediationsverfahren eine Lösung des Streits zu finden. Wenn die Mediation zu scheitern droht oder einzelne Probleme ungelöst bleiben, ist in einem Med-Arb-Verfahren die Angelegenheit nicht beendet. Denn an diesem Punkt wechselt die Mediation in eine Schlichtung – ein neuer Ansatz und damit eine neue Chance für die Streitbeilegung.
Sind Mediatorin oder Mediator dazu qualifiziert und die Streitparteien einverstanden, können sie die Federführung des neuen Streitbeilegungsverfahrens übernehmen und eine verbindliche Entscheidung aufgrund ihrer Einschätzung des Falls treffen. Dies kann sich auf den gesamten Streitfall oder auf noch ungelöste Teilaspekte beziehen. Alternativ kann auch eine Schlichterin oder ein Schlichter den Fall übernehmen.
Wann ist Med-Arb besonders sinnvoll?
Aus Sicht von Katie Shonk ist Med-Arb vor allem dann eine kluge Wahl, wenn die Parteien auch in Zukunft effektiv miteinander arbeiten müssen. Bei einem Schlichterspruch verliere in der Regel keine Partei ihr Ansehen.
Die Kombination von Mediation und Schlichtung sei auch bei Fällen sinnvoll, bei denen ein starker Druck bestehe, eine Lösung bis zu einer bestimmten Frist erreichen zu müssen, zum Beispiel bei Arbeitskämpfen oder Tarifverhandlungen.
Interessant ist auch folgende Wirkung von Med-Arb: “Typically, the med-arb process ends with a successfully negotiated agreement, and the arbitration stage is not necessary. Why? Because the threat of having a third party render a decision in binding arbitration often motivates disputants to reach an agreement”, gibt Katie Shonk zu Bedenken. Was bedeutet, dass bereits die Wahl von Med-Arb die Motivation der Streitparteien auf eine Einigung ansteigen lasse, weil man bei einem Scheitern am Ende einen verbindlichen Schlichterspruch akzeptieren müsse.
Zur Autorin:
Katherine Shonk ist Verfasserin des Negotiation-Newsletters, der monatlich im Rahmen des „Program on Negotiation“ an der Harvard Law School (Cambridge, USA) herausgegeben wird.
Quelle: Katie Shonk: “What is Med-Arb? The pros and cons of med-arb, a little-known alternative dispute resolution process”, Program on Negotiation at Harvard Law School, Juli 2021
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