Zukünftig soll der Opferschutz bei einer Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener verbessert werden. Bestimmte Fälle sollen dann von Amts wegen strafrechtlich verfolgt werden können. Aktuell werden Taten nur angezeigt, wenn ein Angehöriger der verstorbenen Personen dies beantragt.
Opferschutz: Ehrverletzende Äußerungen für Angehörige kaum zumutbar
Da es sich um ein absolutes Antragsdelikt handelt, müssen die nahen Angehörigen, also grundsätzlich die Ehegatten, Lebenspartner, Kinder oder Eltern, einen Strafantrag stellen, wenn die entsprechende ehrverletzende Äußerung verfolgt werden soll. Sie müssen jede einzelne verunglimpfende Äußerung zur Kenntnis nehmen und entscheiden, ob diesbezüglich ein Strafantrag gestellt wird. „Das bedeutet, dass auch die Beauftragung eines Rechtsanwalts durch die Angehörigen mit der Wahrnehmung ihrer Interessen diese nicht von der individuellen Kenntnisnahme der jeweiligen Äußerung und nachfolgenden Entscheidung entbindet. Dies ist emotional hoch belastend und insbesondere, wenn es sich um eine Vielzahl solcher Äußerungen handelt, den Angehörigen nicht zumutbar“, führt der Bundesrat in einem entsprechenden Gesetzentwurf aus.
Ermittler filtern über 500 Hasskommentare aus Internet
Als Auslöser für den Gesetzesvorschlag führt die Länderkammer die Tötung einer Polizistin und eines Polizisten im Januar 2022 bei Kusel in Rheinland-Pfalz an. Eine eingerichtete Ermittlungsgruppe habe mehr als 500 Hasskommentare in den sozialen Medien gefiltert, bei denen eine strafrechtliche Relevanz bejaht worden sei. Beispielsweise wurden die Beschuldigten des Tötungsdeliktes regelrecht gefeiert und die Tatopfer mit schlimmen Beleidigungen verhöhnt. Auch die Angehörigen blieben nicht ausgenommen, sondern wurden mit „Wünschen nach einer möglichst langen Trauerzeit“ konfrontiert. Einzelne Posts verzeichneten bis zu 3.000 Zustimmungsbekundungen über die jeweils abgegebenen Likes.
Die wiederkehrende Konfrontation mit derartigen ehrverletzenden, herabwürdigenden Äußerungen fügte den trauernden Angehörigen über Wochen emotionale Wunden zu, welche die Trauerbewältigung immer noch zusätzlich erschweren.
Geplante Änderungen bei Beleidigungsdelikten
Der Bundesrat schlägt vor, den Paragrafen 189 nicht mehr als „absolutes Antragsdelikt“ auszugestalten und will dazu zwei Ergänzungen in Paragraf 194 vornehmen: Zum einen sollen Taten auch dann verfolgt werden können, „wenn die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält“. Zum anderen soll festgeschrieben werden, dass auch Dienstvorgesetzte von Verstorbenen antragsberechtigt sind, wenn es sich bei dem Verstorbenen um einen Amtsträger oder Soldaten handelt und die Tat „in Beziehung auf die Dienstausübung“ begangen wird.
Der Bundesrat spricht sich in diesem Zusammenhang auch für eine Änderung des Antragscharakters aus, weil „das Phänomen der Nutzung sozialer Medien mit großer Reichweite, Schnelligkeit und Langlebigkeit der Äußerungsmöglichkeiten“ bei der Konzeption des Paragrafen noch unbekannt gewesen sei.
Die Bundesregierung zeigt sich offen für Verbesserungen des strafrechtlichen Opferschutzes: „Die Bundesregierung regt jedoch an, vor gesetzlichen Änderungen im Bereich der Beleidigungsdelikte das voraussichtlich im nächsten Jahr vorliegende Ergebnis des vom Bundesministerium der Justiz geförderten Projekts ‚Der strafrechtliche Umgang mit Hate Speech‘ der Universität Leipzig abzuwarten. In diesem Rahmen sollen auch Vorschläge für Anpassungen im materiellen Strafrecht an die Herausforderungen des neuen Phänomens des sogenannten digitalen Hasses formuliert werden“, heißt es in einer Stellungnahme.
Quelle: hib – heute im bundestag, Nr. 269, Verbesserung des strafrechtlichen Opferschutzes in Fällen der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener, Gesetzentwurf 20/1975, 27. Mai 2022.
0 Kommentare