„Gut durch die Zeit“ ist ein Podcast rund um Mediation, Konflikt-Coaching und Organisationsberatung. Im April-Beitrag kam Prof. i.R. Dr. Alexander Redlich, Psychologe und Berater (Universität Hamburg), zu Wort, der seit 2009 in osteuropäischen Krisengebieten Mediationszentren aufbaut. Sie werden durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) gefördert. Im Gespräch mit Rechtsanwalt und Mediator Dr. jur. Sascha Weigel (INKOVEMA) erläutert Prof. Redlich einzelne Projekte. Was aus den osteuropäischen Mediationszentren zukünftig werden wird, die in Anbetracht des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wichtige humanitäre Hilfe leisten, ist zum Zeitpunkt des Interviews völlig offen.

Konflikte in den Grenzgebieten
Die Projekte laufen überwiegend in den moldawischen, transnistrischen und ukrainischen Grenzgebieten.
Transnistrien ist ein kleiner Staat kommunistischer Prägung, der von Russland unterstützt aber von der westlichen Welt wenig beachtet wird. An den Grenzen spitzten sich zwischen den kulturell unterschiedlich geprägten Menschen immer wieder Konflikte zu. Aus der Bevölkerung kam schließlich vor Jahren der Vorschlag, auf Lokalebene Runde Tische einzurichten. Aus diesem Vorschlag entwickelte Prof. Alexander Redlich mit Hilfe des Deutschen Akademischen Austauschdienstes den Ansatz zu einer Dialogischen Konfliktkultur, die in einigen Mediationszentren auf praktischer, alltäglicher Ebene etabliert wurde.

Transnistrische Tischler in moldawischer Möbelfabrik
Die Verflechtung der einzelnen Länder ist sehr eng, wie Prof. Redlich im Gespräch mit Dr. Weigel erzählt. Beispielsweise wurden transnistrische Schülerinnen und Schüler, weil sie in ihrer Ortschaft kein Schulgebäude hatten, in einer nahe gelegenen Schule in Moldawien unterrichtet. Zwischen den Leitungskräften kam es zu Streitigkeiten, weil es an gegenseitiger Toleranz mangelte. Eine Mediation brachte die beiden Seiten wieder in einen konstruktiven Dialog.
Mangelnde gegenseitige Anerkennung sorgte auch bei einer grenzübergreifenden, wirtschaftlichen Kooperation für Unmut und Prodeste. In einer moldawischen Möbelfabrik arbeiteten Tischler aus Transnistrien, die die Möbel zusammenbauten. Die Tischler sahen sich darüber hinaus aber auch als Zulieferer, denn sie brachten regelmäßig hochwertiges Holz in den Produktionsprozess der Fabrik ein – eine Leistung, die vom Management nicht ausreichend honoriert wurde. In der Mediation wurde gemeinsam ein Zuliefererkonzept erarbeitet, von dem am Ende beide Seiten profitierten.

Krieg bringt völlig neue Herausforderungen
Da Transnistrien von Russland unterstützt wird, sind dort seit vielen Jahren Teile der russischen Armee stationiert. Was für das kleine Land bedeutet, dass es sich jetzt tief inmitten des kriegerischen Konflikts befindet.
Für Prof. Alexander Redlich sind die jahrelang gewachsenen Projekte nun umso wichtiger. Aus seiner Sicht geht es im Kriegsjahr 2022 vor allem um die emotionale Unterstützung für Menschen in ihren extremen Notlagen. Viele Flüchtlinge sind traumatisiert, auch weil sie den absoluten Kontrollverlust über das eigene Leben erfahren mussten. Es geht um Stützung durch Zuhören, Anerkennen des Leidens und um eine Strategie, die den Menschen hilft, im Umgang mit dem Leid wieder aktiv zu werden. Der Podcast-Beitrag liefert viele interessante Details und Aspekte!

Quelle: Podcast „Gut durch die Zeit“, unter Dialogische Konfliktkultur in Krisengebieten. Im Gespräch mit Alexander Redlich (INKOVEMA-Podcast #83) – INKOVEMA .