Seit 2010 ermittelt das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der ROLAND Rechtsschutz-Versicherungs-AG alljährlich die öffentliche Meinung zum deutschen Rechtssystem, zur außergerichtlichen Konfliktlösung und zu ausgewählten rechtspolitischen Schwerpunktthemen. Nach 2013 und 2018 wurde diesmal wieder ein repräsentatives Meinungsbild zu den Richterinnen und Richter sowie innerhalb der Staatsanwaltschaft abgefragt.
Außergerichtliche Konfliktbeilegung
„62 Prozent würden statt durch einen Gerichtsprozess zunächst auf einem anderen Weg – zum Beispiel durch ein persönliches Gespräch oder eine Schlichtung – versuchen, zu ihrem Recht zu kommen. Dies zeigt, dass ROLAND Rechtsschutz mit der strategischen Fokussierung auf vielfältige Konfliktlösungsunterstützung und konsensuale Angebote, wie der Mediation, einen Nerv trifft“, betonte Dr. Ulrich Eberhardt, Vorstandsmitglied ROLAND Rechtsschutz-Versicherungs-AG, in seinen Geleitworten zum aktuellen, 69seitigen Rechtsreports.
Den Verzicht auf den Rechtsweg begründeten die meisten in den langen Verfahrensdauern, überlasteten Gerichten und der Sorge vor hohen Kosten.
Positives Zeugnis für Rechtssystem
Wie steht es um das Vertrauen in das deutsche Rechtssystem? 70 Prozent der Bürgerinnen und Bürger haben sehr viel oder ziemlich viel Vertrauen in die Gesetze, 69 Prozent der Befragten in die Gerichte. Das ist insgesamt ein erfreuliches Studienergebnis!
Die Justiz selbst kritisiert in der Studie, lange Verfahren und eine deutliche Überlastung: 78 Prozent der Richterinnen und Richter und sogar 92 Prozent der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte halten ihre Dienststellen für personell nicht gut ausgestattet.
„Die Leistungsfähigkeit des Systems ist nur mit einer ausreichenden personellen Ausstattung zu erhalten und zu erhöhen“, fordert deswegen Prof. Dr. Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach. Dies sei eine Frage von Stellenplänen und ergänzender Entlastungsmaßnahmen. Denn zwei Drittel der Befragten innerhalb der Justiz führten die langen Verfahrensdauern darauf zurück, dass das Recht ständig komplexer werde und 58 Prozent der Richterinnen und Richter, dass die Schriftsätze der Prozessparteien immer umfangreicher ausfielen.
„Eine wirkliche Entlastung muss daher an mehreren Hebeln ansetzen: der personellen und technischen Ausstattung, aber auch an der Vereinfachung und Straffung von Gesetzen und Verfahren“, stellt Prof. Dr. Renate Köcher weiterhin klar. Der Gesetzgeber müsse bei der Verabschiedung neuer oder Änderung bestehender Gesetze auch deren Umsetzung in der Rechtspraxis und den zusätzlichen Arbeitsaufwand berücksichtigen und möglichst minimieren.
Pandemie und Krieg in der Ukraine
Bei der Befragung sticht die Polizei positiv hervor, denn drei Viertel der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland haben sehr viel bis ziemlich viel Vertrauen in die Polizei.
Gleichzeitig nehmen Angriffe auf Polizeikräfte zu. Dies erscheint widersprüchlich. Konfliktforschende stellen dazu fest, dass sich die Fronten zwischen der Polizei und bestimmten Teilen der Bevölkerung zunehmend verhärten. So kommt es besonders bei Corona- und Klima-Protesten immer wieder zu Auseinandersetzungen.
Die mediale Berichterstattung über die Proteste und die Polarisierung politischer Diskussionen, beispielsweise auch über den Krieg in der Ukraine, prägen die Wahrnehmung der Bevölkerung. In Bezug auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt sehen 65 Prozent nur einen schwachen Zusammenhalt in Deutschland. Insgesamt beurteilen die Menschen in Ostdeutschland die Situation kritischer als im Westen.
Weitere Ergebnisse: Institutionen, beispielsweise die Verwaltung (44 Prozent) oder Zeitungen (38 Prozent), vertrauen die Menschen eher weniger. Schlusslicht bilden – und dies seit Jahren – die Kirchen. Bei 75 Prozent der Befragten befindet sich das Verhältnis in einer Vertrauenskrise.
Quelle: Untersuchungssteckbrief und Befragungsergebnisse im Einzelnen unter Rechtsreport 2023 (roland-rechtsschutz.de), aufgerufen am 14.03.2023.
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