Konfliktbeilegung sollte fester Bestandteil der unternehmerischen Managementaufgaben sein. Es gilt, rechtzeitig gut funktionierende Strukturen aufzubauen. In der aktuellen Ausgabe des Online-Magazins DisputeResolution behandeln die Autoren Florian Haugeneder und Patrizia Netal (Knoetzl Haugeneder Netal Rechtsanwälte GmbH, Wien) in ihrem Beitrag „Vorprozessuales Dispute Management aus Sicht des Inhouse-Counsels – Bereit für den Streit?“, wie ein effektives Konfliktmanagement innerhalb eines Unternehmens („Dispute Management“) gestaltet sein sollte.
Um Konflikte nicht eskalieren zu lassen, empfehlen Haugeneder und Netal folgende Maßnahmen:
• Vertragsgestaltung zur Konfliktvermeidung,
• Konfliktvermeidende Vertragsabwicklung,
• Vorprozessuales Konfliktmanagement (Prozessrisikoanalyse bis Streitbeilegungsteam).
Vertragsgestaltung zur Konfliktvermeidung
Inhouse-Counsels eines Unternehmens sollten für eine konfliktvermeidende Vertragsgestaltung frühzeitig zu den Vertragsverhandlungen hinzugerufen werden. „Wird der Inhouse-Counsel erst zu einem Zeitpunkt eingeschaltet, bei dem die wesentlichen Parameter des Vertrags bereits fertig ausverhandelt sind, ist es für die Rechtsabteilung oft schwer, Änderungen durchzusetzen“, gibt das Autorenduo zu bedenken.
Streitbeilegungsklauseln bilden wichtige Vertragsbestandteile. Alternative Streitbeilegung müsse aber auch die Möglichkeit berücksichtigen, die Ansprüche bei einem Scheitern einvernehmlicher Konfliktlösungen gerichtlich oder schiedsgerichtlich geltend machen zu können. „Je größer und komplexer ein Verfahren ist, desto kosteneffizienter ist die Schiedsgerichtsbarkeit im Vergleich zur staatlichen Gerichtsbarkeit“, so Netal und Haugeneder.
Konfliktvermeidende Vertragsabwicklung
Die Rolle der Inhouse-Counsels liegt hier in der Geltendmachung der eigenen Unternehmensansprüche. Zum strukturierten Konfliktmanagement gehört außerdem, dass geregelt ist, wer im Projektteam die „Entscheidungskompetenzen“ bei Vertragsabwicklung und Konfliktmanagement innehaben soll. Die Inhouse-Counsels fungieren hauptsächlich als Koordinatoren, auch zwischen den Unternehmensabteilungen. Ziel ist es, einen Konsens darüber zu erzielen, welche Konfliktlösungen tatsächlich im Unternehmensinteresse liegen.
Vorprozessuales Konfliktmanagement
Lässt sich ein Konflikt zunächst nicht lösen, sind die Inhouse-Counsels verantwortlich, eine faktenbasierte Konfliktlösung voranzutreiben. Nach Einschätzung der Autoren müsse bereits jetzt ein Gerichts- oder Schiedsverfahren „zumindest als mögliche Option in Betracht gezogen werden“. Folgende Schritte der Inhouse-Counsels erscheinen sinnvoll:
• Prozessrisikoanalyse,
• Beweissicherung,
• Monitoring der Kommunikation,
• Aufbau eines Streitbeilegungsteams.
Prozessrisikoanalyse und Beweissicherung
Zur Beweissicherung geben die Autoren wertvolle Tipps: Prozesse ausschalten, die Beweise zerstören (automatische Löschung von emails) – Beweise zurücklegen, beispielsweise Bauteile, die später eventuell nicht mehr zur Verfügung stehen – Beweise im Besitz der anderen Streitpartei frühzeitig sichern …
Bei Technischer Beweissicherung sollten unabhängige Experten prüfen und die Ergebnisse akribisch dokumentieren. „Die Qualität der Risikoanalyse hängt wesentlich davon ab, ob die entscheidenden Dokumente vorhanden sind“, so das Autorenteam. Die Sichtung der Unterlagen sei eine maßgebliche Aufgabe der Inhouse-Counsels und bilde die Basis der Prozessrisikoanalyse.
Kommunikation und Streitbeilegungsteam
Monitoring der Kommunikation erfordert von den Inhouse-Counsels mediatives Geschick: „Unbedachte oder konstruktiv gemeinte Äußerungen des Projektmanagements könnten auch als Zugeständnisse angesehen werden und haben manchmal prozessentscheidende Bedeutung.“ Inhouse-Counsels können einem falschen Eindruck durch präzise Wortwahl freundlich entgegenwirken.
Auch innerhalb des Streitbeilegungsteams sollten die Inhouse-Counsels eine zentrale Rolle einnehmen. Dies beginnt bei der Zusammensetzung des Streitbeilegungsteams, das aus Vertretern der Geschäftsleitung, verschiedener Unternehmensabteilungen und Rechtsberatern bestehen sollte. Eine gute Auswahl beeinflusst die Zusammenarbeit positiv. Für Patrizia Netal und Florian Haugeneder zählt das Streitbeilegungsteam zu einem wichtigen Erfolgsfaktor.
Quelle:
Patrizia Netal, Florian Haugeneder: Vorprozessuales Dispute Management aus Sicht des Inhouse-Counsels – Bereit für den Streit?, Online-Magazin DisputeResolution 01/2023, veröffentlicht 22.03.2023.
Weiterer interessanter Beitrag in DisputeResolution 01/2023:
Dr. Katharina Kolb: Finanzierung privater Rechtsstreitigkeiten durch Dritte – Aktuelle Entwicklungen in Europa, veröffentlicht 22.03.2023.
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